Kapitel 3

Was wird gebraucht und was gibt es schon?

Über die Ausschreibung bestimmt in Berlin der Senat den Anteil bio-regionaler Produkte für mindestens 150.000 Mittagessen an seinen staatlichen Grund- und weiterführenden Schulen. Geht es um das Potential der Schulverpflegung als Abnehmer bio-regionaler Waren, sind auch die Schulen in freier Trägerschaft relevant (siehe Kapitel 2).

Das Mittagessen an den staatlichen Schulen in Berlin muss sowohl den Empfehlungen des „DGE-Qualitätsstandards für die Schulverpflegung” (4. Auflage) der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V.  (DGE) als auch den Kriterien der Ausschreibung des Senates entsprechen. Dabei gibt die DGE im Wesentlichen die Lebensmittelhäufigkeiten an und der Senat formuliert zusätzliche Anforderungen, wie beispielsweise den Bio-Anteil. Mit einem Anteil von 100 % für die Warengruppen Milch und Milchprodukte, Getreide, Kartoffeln und Obst liegt Berlin im Bundesdurchschnitt hoch. Die geforderte Bio-Qualität muss dabei den Anforderungen des EU-Biosiegels genügen. Auch legt der Senat den Preis fest, der derzeit bei 4.36 Euro liegt.

Regionale Waren werden in Berlin innerhalb der Warengruppe unterschiedlich hoch eingesetzt. Insgesamt sind die Mengen gering und der Einsatz freiwillig. Grund: die Verfügbarkeit ist nicht durchgängig gegeben und der Preis liegt vor allem beim Gemüse weit über dem üblichen Marktpreis. Zum einen, weil kleinere Betriebe im Verhältnis höhere Betriebskosten haben, zum anderen, weil in Deutschland der Mindestlohn hoch ist. Für ein sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltiges Ernährungssystem bei dem die Schulversorgung einen Hebel spielt und auch für das europäische Ziel, bis 2030 die ökologisch bewirtschafteten Flächen auf 30% zu erhöhen, müssen sich Mindestlohn, Energiepreise und Mehrkosten kleinerer Betriebe im Preis für das Schulessen wiederfinden. 

Ob und welche bio-regionalen Produkte Cateringunternehmen im Rahmen der Ausschreibung einsetzen, wird durch ihre Speisenplanung, ihre bestehenden Handelsbeziehungen sowie durch die Warenlistung ihrer Händler bestimmt. Für gewöhnlich werden Speisenpläne in 8-Wochen-Zyklen (40 Verpflegungstage) konzipiert. Die Flexibilität in der Speisenplangestaltung ist beschränkt, da einige Unternehmen die Speisenpläne den Schulen schon Wochen vorher bekannt geben, aber auch, weil die nötigen Mengen nicht verfügbar sind und hier gilt im Allgemeinen:  je mehr Mittagsessen ein Cateringunternehmen liefert, desto unflexibler ist der Einkauf. Den größten Spielraum beim Einkauf haben Küchen, die vor Ort für bis zu  400 Schüler*innen kochen. Mengenmäßig scheinen sie für eine Ernährungswende weniger interessant, für die Erhöhung der Vielfalt sind sie wichtig. 

Auch hinsichtlich der Geschäftsbeziehungen zwischen Handel und Cateringunternehmen gilt eine Faustregel: je mehr Mittagessen pro Tag, desto größer muss die garantierte Liefermenge und Lagerkapazität des Händlers sein. Das Warenangebot der Händler unterscheidet sich stark in Anzahl der Produkte, ihrem Warenangebot an Bio-Produkten und solchen aus der Region, sowie in ihrer Flexibilität, neue Produkte zeitnah in ihr Angebot aufzunehmen. Auch hier gilt in der Regel: je größer das Handelsunternehmen, desto unflexibler die Listung. 

Da, die Speisenplangestaltung innerhalb der Cateringunternehmen stark variiert und die Bereitschaft, die Daten offenzulegen, nicht für alle gleichermaßen gegeben ist, zeigen wir exemplarisch an einem mittelgroßen Unternehmensverbund mit ca. 13.000 Essen täglich, wie sich die einzelnen Produkte innerhalb der Warengruppen, gemäß den vorgeschriebenen Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und den Vorgaben des Senats, verteilen. Laut den Richtlinien der DGE gibt es eine vegetarische und eine nicht vegetarische Menülinie, die sich in den Mengen pro Portion unterscheiden können. Wir beschränken uns bei den folgenden Aussagen auf die nicht vegetarische Menülinie. Die Daten rechnen wir auf 40 Verpflegungstage, da die Wochenpläne in einem 8-Wochen-Rhythmus konzipiert sind.

Datenquellen:
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Schulen 4. Auflage
Vernetzungsstelle Schulverpflegung Berlin: Musterausschreibung Schulverpflegung 2020
Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau (FÖL) & Kantine Zukunft: Aus der Region

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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 – Wandel mit bio-regionaler Schulverpflegung gestalten
Kapitel 2 – Wie ist das Schulessen in der Metropolregion organisiert?
Kapitel 3 – Was wird gebraucht und was gibt es schon?
Kapitel 4 – Ernährungsbildung an Schulen
Kapitel 5 – Wegbereiter entlang der Wertschöpfungskette